Wissenschaftlicher Prototyp für systemische Pandemie-Strategien mit KI-Unterstützung

Im Projekt COCAP wird ein flexibles Entscheidungsunterstützungssystem entwickelt, das systemisch optimale Maßnahmen für Pandemien vorschlägt – angepasst an Land und Erreger.

Im COCAP-Projekt (kurz für „COping CAPacity of nations facing systemic crisis – a global intercomparison exploring the SARS-CoV-2 pandemic“) ist eines der Hauptziele die Entwicklung eines ersten wissenschaftlichen Prototyps eines Entscheidungsunterstützungssystems (DSS), das Anfang 2026, im Rahmen von Sub-Projekt 4, fertig sein soll. Dieses System soll eine systemisch optimale nicht-pharmazeutische Interventionen (NPIs) empfehlen – wie Maskenpflicht oder Beschränkungen für öffentliche Versammlungen –, die sowohl auf die Art eines bestimmten Krankheitserregers als auch auf den nationalen Kontext zugeschnitten sind. 

Das DSS ist als modulares Framework aufgebaut, sodass es fortschrittliche Modelle flexibel kombinieren kann. Diese Modelle simulieren die Ausbreitung von Infektionskrankheiten und bewerten die wirtschaftlichen Auswirkungen jeder Maßnahme. Außerdem können andere relevante Indikatoren und entsprechende Modelle, wie Mobilität oder Lebensqualität, einbezogen werden. Ein solches System gilt als wichtiges Instrument zur Stärkung der systemischen Resilienz gegen Pandemien. Eine große Stärke des DSS ist seine Anpassungsfähigkeit. Jedes Modell wird sorgfältig mit Hilfe von Expert*innen kalibriert, um sicherzustellen, dass es mit den realen Daten übereinstimmt. Um die Unsicherheit der Epidemiedynamik widerzuspiegeln, umfasst das System eine Reihe möglicher Ergebnisse – basierend sowohl auf den Eigenschaften des Erregers als auch auf dem menschlichen Verhalten. So können Nutzende in einer Simulation sowohl Worst-Case- als auch moderate Szenarien durchspielen.

Nutzende oder Entscheidungsträger:innen können eine Vielzahl von Szenarien erstellen und untersuchen, indem sie verschiedene Krankheitserreger, Länder oder verfügbare NPI auswählen. Basierend auf den Prioritäten des Benutzers – wie z. B. der relativen Bedeutung von Gesundheit, Wirtschaft oder Mobilität – schlägt das System eine dynamische und systemisch ausgewogene Reihe von NPIs vor, die zu bestimmten Zeitpunkten anzuwenden sind. Diese Empfehlungen können manuell entwickelt oder von KI-Agenten generiert werden, die die Vielzahl möglicher Interventionskombinationen verarbeiten können, wobei die Ergebnisse praktisch, verständlich und auf die von Entscheidungsträger:innen definierten Präferenzen abgestimmt sind.

Im Kern kombiniert das System agentenbasierte Simulationen und Differentialgleichungen mit KI-gesteuerter Optimierung. Dadurch wird sichergestellt, dass die Empfehlungen auf wissenschaftlichen Modellen basieren und durch die Fähigkeit der KI, zu lernen und Entscheidungen zu treffen, verbessert werden. Diese Integration ermöglicht es dem DSS, auch in komplexen und unsicheren Situationen umsetzbare Erkenntnisse zu liefern. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieser erste generische und anpassbare wissenschaftliche Demonstrator für integriertes Pandemiemanagement eine Methode zum Entwerfen maßgeschneiderter Interventionsstrategien auf Systemebene für nahezu jedes endemische oder pandemische Szenario bietet. Durch die Kombination von modernsten Modellen, Expertenkalibrierung und KI-Optimierung liefert er robuste, evidenzbasierte Empfehlungen, die ein Gleichgewicht zwischen Krankheitsbekämpfung und weiterreichenden gesellschaftlichen Auswirkungen herstellen. 

Zugehöriges Institut am KIT: Institut für Thermische Energietechnik und Sicherheit (ITES) – Abteilung Resiliente und Smarte Infrastruktursysteme (RESIS)
Autoren: Sadeeb Simon Ottenburger, Raphael Dujadin
 

Diagramm zur Datenanalyse von Pandemieauswirkungen in Deutschland mittels KI für Berichterstellung.