Wo fällt der Hagel in Südamerika?

Basierend auf Satellitendaten wird die räumliche Verteilung, und damit das Risiko von Hagel Unwettern in Südamerika abgeschätzt.

  

Obwohl großer Hagel meist nur sehr lokal auftritt, ist dieser weltweit für einen signifikanten Teil der Unwetter-bedingten Schäden verantwortlich. Versicherungen benötigen daher verlässliche Einschätzungen über die räumliche Verteilung und die Häufigkeit von Hagel. In Zusammenarbeit mit WillisRe, GallagherRe und NASA wird in dem Projekt Willis Hail Hazard Assessment das Hagelrisiko für Südamerika abgeschätzt. Obwohl in Südamerika einige der stärksten Gewitter weltweit auftreten (Bang und Cecil 2019), wird dort das Hagelrisiko erst seit kurzem intensiver untersucht (siehe z.B. Nesbitt et al. 2021).

Als Basis des Projektes dienen Satellitendaten, mit welchen die Oberseite besonders starker Gewitter, sogenannte Overshooting Tops (OT), detektiert werden können (Abb. 1). Entsprechende Algorithmen wurden vom Kollaborationspartner NASA Langley von Kris Bedka und Kollegen entwickelt und seit über einem Jahrzehnt perfektioniert (Bedka et al. 2010, Khlopenkov et al. 2021). Die OTs werden anschließend nach Umgebungsbedingungen, welche Hagel begünstigen, gefiltert (siehe z.B. Punge 2014). Das Resultat ist eine Abschätzung der räumlichen Verteilung von Hagelstürmen (Abb. 2). Zu erkennen ist das bekannte Zentrum von Schwergewitter in Nordargentinien, Süd Brasilien, Uruguay und Paraguay, sowie vereinzelte kleine Hotspots am Rande der Anden und gelegentliche, schwache Aktivität im Übrigen tropischen Tiefland.

Die beschriebene Methode ist wissenschaftlich geprüft (Scarino et al. 2023) und hat sich bereits in anderen Regionen wie Europa, Australien und Südafrika bewährt (Punge et al. 2017, Bedka et al. 2021, Punge et al. 2018). Im Fall von Südamerika steht eine besonders lange Datenreihe von 28 Jahren an Satellitenbeobachtungen zur Verfügung. Dies, sowie die mittlerweile verbesserte räumliche und zeitliche Auflösung, ermöglicht die Analyse weiterer Details zu Hagel in Südamerika. So wird im Projekt beispielsweise auch die Wiederkehrperiode bestimmter Hagelgrößen abgeschätzt. Großer Hagel ist zum Beispiel im Norden Argentiniens am häufigsten, wo alle 10 Jahre mit einem Hagelereignis mit maximal 5 cm Durchmesser zu rechnen ist. Auch der Einfluss des Klimawandels auf die Hagel Häufigkeit lässt sich mithilfe der Daten eingrenzen, woran aktuell gearbeitet wird.

Abb. 1: Seitliches Profil eines Schwergewitters bei Sonnenuntergang. Die vertikalen Geschwindigkeiten im Aufwind ist stark genug um als Overshooting Top durch den übrigen Amboß („anvil“) in die Tropopause zu stoßen (© Jannick Fischer).
Abb. 2: Anzahl der gefilterten OT-Detektionen pro 50 x 50 km über den gesamten Zeitraum von 1995 bis 2022 (28 Jahre). Ländergrenzen sind als schwarze Linien und die grobe Umrandung der Hochgebirge als violette Linien eingezeichnet.

Referenzen:

  • Bang, S. D., D. J. Cecil (2019): Constructing a Multifrequency Passive Microwave Hail Retrieval and Climatology in the GPM Domain. J. Appl. Meteor. Climatol., 58, 1889–1904, doi:10.1175/JAMC-D-19-0042.1.
  • Bedka, K., Brunner, J., Dworak, R., Feltz, W., Otkin, J., Greenwald, T. (2010): Objective Satellite-Based Detection of Overshooting Tops Using Infrared Window Channel Brightness Temperature Gradients, J. Appl. Meteorol. Clim., 49, 181–202, doi:10.1175/2009JAMC2286.1.
  • Bedka, K. M., Allen, J. T., Punge, H. J., Kunz, M., Simanovic, D. (2018): A Long-Term Overshooting Convective Cloud Top Detection Database Over Australia Derived From MTSAT Japanese Advanced Meteorological Imager Observations. J. Appl. Meteorl. Climatol., doi:10.1175/JAMC-D-17-0056.1.
  • Khlopenkov, K. V., Bedka, K. M., Cooney, J. W., Itterly, K. (2021): Recent Advances in Detection of Overshooting Cloud Topsfrom Longwave Infrared Satellite Imagery, J. Geophys. Res.-Atmos., 126, e2020JD034359, doi:10.1029/2020jd034359.
  • Nesbitt, S. W., Coauthors, 2021: A Storm Safari in Subtropical South America: Proyecto RELAMPAGO. Bull. Amer. Meteor. Soc., 102, E1621–E1644, doi:10.1175/BAMS-D-20-0029.1.
  • Punge, H.J., Bedka, K.M., Kunz, M., Reinbold, A. (2017): Hail frequency estimation across Europe based on a combination of overshooting top detections and the ERA-INTERIM reanalysis, Atmos. Re., 198,34–43, doi:10.1016/j.atmosres.2017.07.025.
  • Punge, H. J., Bedka, K. M., Kunz, M., Bang, S. D., Itterly, K. F. (2023): Characteristics of hail hazard in South Africa based on satellite detection of convective storms, Nat. Hazards Earth Syst. Sci., 23, 1549–1576, doi:10.5194/nhess-23-1549-2023.
  • Scarino, B., K. Itterly, K. Bedka, C.R. Homeyer, J. Allen, S. Bang, D. Cecil (2023): Deriving Severe Hail Likelihood from Satellite Observations and Model Reanalysis Parameters using a Deep Neural Network, Artificial Intelligence for the Earth Systems, doi:10.1175/AIES-D-22-0042.1.

 

Zugehöriges Institut am KIT: Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK-TRO)
Autor: Jannick Fischer (Aug. 2023)